Clowns für Menschen mit Demenz -  Ulrich Fey

Clowns für Menschen mit Demenz (eBook)

Das Potenzial einer komischen Kunst

(Autor)

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2024 | 4. Auflage
272 Seiten
Mabuse-Verlag
978-3-86321-223-0 (ISBN)
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Dieses Buch soll Wissen vermitteln und Angst nehmen. Es hilft, Menschen mit Demenz besser zu verstehen. Denn die tun oft nicht, was wir von ihnen möchten, widersetzen sich. Die Eigenwilligkeit der Alten aber hat ihre Geschichte. Und ist manchmal voller Komik. Ulrich Fey erläutert die Grundlagen wirksamer Clownarbeit und prüft ihre Möglichkeiten im Zusammenhang mit Demenz. Ein 'emotionales Sachbuch' - mit Anregungen und Analysen für Professionelle in Alten- und Pflegeheimen sowie für alle, die als Clowns auf diesem Feld arbeiten wollen. Aber auch Betroffene und pflegende Angehörige können von der besonderen Sichtweise eines Clowns profitieren. In dieser Auflage mit je einem neuen Kapitel über Clownsbesuche in Zeiten von Corona und Prophylaxe wie Risiken für Demenz. 'Wer glaubt, dass Clowns nur etwas für Kinder sind, glaubt auch, dass Hosenträger Hosen tragen. Was Clowns bei alten Menschen leisten können, zeigt Ulrich Fey in diesem Buch. Wir bekommen einen Einblick in seine von großer Zuneigung getragene Arbeit, die inzwischen viele Früchte trägt und einen wichtigen Beitrag leistet für eine heilsame Stimmung im Gesundheitswesen: für Pflegebedürftige, Pflegende und früher oder später für uns alle!' Dr. Eckart v. Hirschhausen, Arzt, Komiker und Gründer der Stiftung HUMOR HILFT HEILEN 'Auch pflegende Angehörige können von diesem Buch profitieren. In vielen Beispielen wird ein anderer Umgang mit belastenden Situationen beschrieben. Diese lassen sich häufig heiter auflösen - nicht nur für Clowns.' Prof. Dr. Dr. Rolf D. Hirsch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Gerontologe, Buchauto

Ulrich Fey war erst Lehrer und Redakteur ehe er Clown wurde. Er absolvierte die Vollzeitausbildung der Clownschule TuT in Hannover und besucht seit 1999 als Mitglied der Clown-Doktoren Kinderkliniken im Rhein-Main-Gebiet. Zudem ist er als Clown Albert seit 2003 in Altenheimen unterwegs. Seine Erfahrungen als Clown in Klinik und Altenheim gibt er seit Langem in Vorträgen und Kursen weiter. www.clownsundmehr.d

Ulrich Fey war erst Lehrer und Redakteur ehe er Clown wurde. Er absolvierte die Vollzeitausbildung der Clownschule TuT in Hannover und besucht seit 1999 als Mitglied der Clown-Doktoren Kinderkliniken im Rhein-Main-Gebiet. Zudem ist er als Clown Albert seit 2003 in Altenheimen unterwegs. Seine Erfahrungen als Clown in Klinik und Altenheim gibt er seit Langem in Vorträgen und Kursen weiter. www.clownsundmehr.d

Vorwort .9
Einblick .13
Kapitel 1
Alte Menschen in Schräglage .23
Kapitel 2
Demenz – Ein Phänomen.31
Kapitel 3
Prophylaxe und Risiken .51
Kapitel 4
Die Pandemie und ihre Folgen .61
Kapitel 5
Ausflug in die Geschichte .71
Kapitel 6
Aussen- und Innenansichten .87
Kapitel 7
Was Menschen mit Demenz hilft .99
Kapitel 8
Die Figur des Clowns .115
Kapitel 9
Humor, Komik, Lachen .125
Kapitel 10
Die Komik des Clowns .137
Kapitel 11
Die Wirkung von Humor und Lachen .145
Kapitel 12
Die Wirkung von Musik und Gesang .155
Kapitel 13
Clowns bei Menschen mit Demenz .167
Kapitel 14
Innere und äussere Grenzen .193
Kapitel 15
Kommunikation .213
Kapitel 16
Voneinander lernen .231
Ausblick .239
Dank, neu .241
Dank, alt .243
Endnoten .245
Literaturverzeichnis .257
Bildnachweis .272

EINBLICK


Clowns für Menschen mit Demenz, Clowns für Menschen in Alten- und Pflegeheimen – das klingt nach Nische, das klingt nach Minderheitenprogramm. Ist es aber nicht. Im Gegenteil. Wir alle haben Eltern und Großeltern, die immer älter werden, zum Teil sehr alt. Einen Großteil von uns hat die Demenz inzwischen in irgendeiner Form erreicht. Fast jeder weiß in seiner Familie, seinem Bekanntenkreis jemanden mit Demenz, mit Alzheimer zu benennen. Zudem werden wir selbst bald zu den Alten zählen – und mit dem Alter steigt das Risiko, dement zu werden. So ist Demenz ein Thema für viele. Und Clowns können da eine wichtige Rolle spielen.

In einer Umgebung, in der die betreuenden Menschen immer wieder daran scheitern, einen angemessenen Umgang mit den verwirrten Menschen zu finden, kann der Clown helfen. Denn der ist ein seltsames Wesen. Er scheitert auch, aber bei ihm ist das Programm. Er muss sich nicht anstrengen, um die Menschen mit Demenz zu erreichen, weil er sich bereits auf einer Ebene mit ihnen befindet. Sie sind wie der Clown: nicht rational, sondern emotional. Sie machen Sachen, die sonst niemand versteht, manchmal verstehen es beide, Verwirrte und Clown, sogar selbst nicht. Es ist aber auch gar nicht so wichtig, Hauptsache, sie verstehen einander.

Verständnis für die Menschen mit Demenz zu wecken, stellt ein Ziel dieses Buches dar. Im Zentrum stehen die Chancen, die alle Menschen im Umgang mit Demenz haben können: die, die betroffen sind, und die, die sie betreuen. Es geht um einen Perspektivwechsel.

Wer ist hier ver-rückt?


So muss man zum Beispiel, angesichts vieler Erscheinungsformen in unserer Welt, erst einmal fragen: Wer ist hier ver-rückt? Sind es die, die als Ausdruck ihrer demenziellen Veränderung nicht mehr wissen, was sie mit einem Löffel anfangen sollen oder wie ihr verstorbener Ehemann mit Vornamen hieß? Oder sind es die, die sich bei klarem Verstand sonderbar verhalten? Die mit ihren Kindern in den Zoo gehen, mit dem Handy den Braunbären fotografieren und sich dann nur noch die Fotos ansehen, aber keinen Blick mehr haben für den lebendigen Bären vor sich? Oder die, die ihre Frau mit dem Laptop unter dem Arm in den Kreißsaal begleiten und sich dann mehr für ihre E-Mails als die Geburt ihres Kindes interessieren – wie eine Hebamme berichtete?

Ein Perspektivwechsel bedeutet auch, die Demenz selbst anders zu betrachten. Dabei muss etwas in den Vordergrund rücken, was oft genug verdrängt und dann im Untergrund wirksam wird: die Gefühle.

Denn Demenz macht erst einmal Angst. Große Angst. Denen, die unmittelbar von ihr betroffen sind, aber auch denen, die Sorge haben, eines Tages dement werden zu können.

„Demenz wird zur Projektionsfläche vieler tief gehender Ängste, da sie allen narzisstischen Selbstidealen wie Autonomie, Kraft, Stärke widerspricht.“1

Das gilt für den Einzelnen wie für die Gesellschaft insgesamt. Demente Menschen werden ausgeschlossen, Heime schützen die Gesellschaft vor der Konfrontation mit ihnen, auch wenn wir Jüngeren Angst davor haben, selbst einmal so ausgeschlossen zu werden2.

Hölle oder Paradies?


Aber: „Das Leben mit Demenz bedeutet keinesfalls nur Unglück und Leiden, genauso wenig wie das Leben ohne Demenz nur Glückseligkeit und Wohlbefinden bedeutet.“3 Unbestritten ist, dass das Altern und noch viel mehr die Demenz ein Loslassen erfordern, ja erzwingen. Doch was bleibt, wenn der Urlaub auf Gran Canaria, der neue Mercedes, die beruflichen Erfolge von Kindern und Enkeln uninteressant werden, ja geradezu belanglos? Für die einen ist dies die Hölle, für andere eine Art Paradies: Menschen unabhängig von ihrem Wohlstand und Ansehen einfach für ihr Sein schätzen zu lernen, zu mögen, vielleicht zu lieben.

Einfach Mensch sein


Menschen mit Demenz bringen uns mit diesem Wunsch in Verbindung. Nicht mit Absicht, sie tun es, weil sie nicht anders können. Ihr Gehirn funktioniert nicht mehr in der Weise, wie es in unserer Gesellschaft funktionieren sollte, in einer Gesellschaft mit einem geradezu katastrophal überschätzten Stellenwert des Intellekts4. Der Psychoanalytiker Arno Gruen schrieb sogar:

„Die wahren Geschädigten sind nicht die seelisch Erkrankten, die als psychiatrische Patienten von der Gesellschaft gemieden werden. Es sind diejenigen, die uns ein reduziertes Mensch-Sein suggerieren wollen. Die Kranken weisen uns unbewusst den Weg zu uns selbst zurück.“5

Als Clown habe ich das erlebt. Und ich habe es als Gewinn erlebt. Auch das ist ein Perspektivwechsel. Viele Menschen mit Demenz fordern nicht nur, sie können den Betreuenden etwas geben: ehrlichen, bedingungslosen Kontakt – immer authentisch, immer glaubhaft. Sie können nicht anders. Sie verschenken Lächeln, Umarmungen, Mitsingen, sogar Trost. Das alles kann man nicht kaufen, auch nicht online, und auch nicht bei Facebook oder Instagram posten.

Nach etwa dreißig Minuten, in denen sich Stille und Gesang abgewechselt haben, kündigt der Clown seinen Aufbruch an.

„So, jetzt packe ich ein und gehe.“

„Ooch.“

„Aber Frau Mertens, ich komme doch in zwei Wochen wieder.“

Sie hält einen Moment Ruhe, schaut und sagt dann: „Das ist das Tröstliche.“

Zu dem Wechsel der Perspektive gehört, den Blick auf die Chancen zu betonen. Nicht nur für Clowns.

„Ich habe den Eindruck, dass die Abhängigkeit und die Hilflosigkeit, die durch die Krankheit verursacht wurde, eine große Nähe zwischen meinem Mann und mir ermöglicht hat, die sonst so nicht hätte entstehen können. … Mein Mann muss nicht mehr seine männliche Rolle spielen. Er ist so arglos und vertrauensvoll, dass ich ihm ganz nah sein kann, und das ist ein großes Geschenk.“6

Menschen mit Demenz verlassen ihre klassischen Rollensysteme. Notgedrungen. Sie mögen uns zwar unberechenbar erscheinen, doch können wir gewiss sein: Sie lügen und betrügen nicht, sind nicht nachtragend. Alles Manipulative und Materielle ist ihnen fremd.7 Beim Blick auf das Ganze bedeutet das nicht, alles Schwierige auszublenden. Doch hilft es ungemein, das Schöne, das Nahe, ja das Heitere in den Blick zu rücken – der Alltag ist schon mühsam genug.

Emotionales Sachbuch


Dieses Buch soll zwar auch ein Sachbuch sein, zuerst aber ist es ein Buch über und voller Emotionen. Denn Gefühle sind der entscheidende, oft der einzige Zugang zu Menschen mit Demenz. Und der Clown agiert vor allem auf dieser Ebene.

Den Innenansichten eines Clowns stehen indes Außenansichten gegenüber, die häufig geprägt sind von Klischees. Clowns sind doch diese bunten Kerle aus dem Zirkus, die Eimer voller Wasser umstoßen oder mit Torten werfen. Clowns sind etwas für Kinder, allenfalls noch im Krankenhaus vorstellbar – das wird inzwischen akzeptiert. Aber für Demente? Die Sorge vor einer „Verarschung“ (so ein Heimleiter) der Menschen mit Demenz liegt an einem vorurteilsbehafteten Blick der vernunftgesteuerten Menschen auf den Clown – Menschen mit Demenz haben diese Sorge nie. Sie würden auch schnell spüren, ob sie ernst genommen werden oder nicht. Denn das ist keine Frage an die Großhirnrinde. Dabei sind Menschen mit Demenz selbst manchmal so komisch, wie ein Clown es kaum sein kann. Daran darf man sich erfreuen, sogar lachen darüber, aber, und das ist ganz wichtig: Niemals sollte der Clown einen Menschen – ob mit oder ohne Demenz – auslachen.

„Wie geht es Dir, Papa?“

„Also, ich muss sagen, es geht mir gut. Allerdings unter Anführungszeichen, denn ich bin nicht imstande, es zu beurteilen.“8

Die rote Nase


Um einen Clown und seine Arbeit zu verstehen, muss man die Bedeutung der roten Nase verstehen. Die sogenannte „kleinste Maske der Welt“ verhilft dem Privatmenschen zu einem Rollenwechsel, zu einer anderen Identität. Diese ist natürlich auch Teil seines privaten Selbstverständnisses, aber noch weit mehr.

Der Mann, der als Clown arbeiten will, muss sich heute in einem leeren Bewohnerzimmer umziehen. Frau Schuster, eine demenziell sehr eingeschränkte Frau mit starkem Bewegungsdrang, kommt in das Zimmer. „Frau Schuster, Sie sind falsch, das ist nicht Ihr Zimmer.“

Doch Frau Schuster setzt sich unbeeindruckt aufs Bett, verharrt einen Moment, schiebt dann ihren Rollator wieder hinaus. Der Nochnicht-Clown atmet auf. Wenige Minuten später öffnet sich die Tür abermals, Frau Schuster kommt wieder herein.

„Frau Schuster, das ist nicht Ihr Zimmer.“ Das klingt schon etwas genervter. Frau Schuster dreht eine Runde in dem kleinen Raum...

Erscheint lt. Verlag 5.2.2024
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Studium
Schlagworte aktivierung bei demenz • Altenpflege • Alter • Alzheimer • Clownarbeit • Clowns • Clowns im Krankenhaus • Heilender Humor • helfende Clowns • Hirschhausen • Humor • Humor bei Demenz • Humoreinsatz • Humor hilft heilen • Humor-Therapie • KlinikClowns • Komik • Komisch • Krankenpflege • Lachen • Lachen ist die beste Medizin • Pflegeheim • Therapeutischer Humor
ISBN-10 3-86321-223-1 / 3863212231
ISBN-13 978-3-86321-223-0 / 9783863212230
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